Montag, 8. September 2008

Führen Süßstoffe zur Gewichtszunahme?

Süßstoffe sind besonders in Getränken weit verbreitet, und die Nahrungs- und Getränkeindustrie setzt sie verschwenderisch in "Diätprodukten" ein. Paradoxerweise haben etliche große Studien in jüngster Zeit übereinstimmend gezeigt, dass der vermehrte Genuss dieser Produkte mit Gewichtszunahme einher geht.

Auch eine neue Studie von Sharon Fowler und Mitarbeitern an der Universität von Texas in San Antonio, gerade in OBESITY erschienen, bestätigt das. Die Arbeitsgruppe untersuchte die Korrelation zwischen dem Genuss künstlich gesüßter Getränke (artificially sweetened beverage, ASB) und der langfristigen Zunahme in der San Antonio Heart Study. Von 1979 bis 1988
wurden Größe, Gewicht und Konsum künstlich gesüßter Getränke bei 5158 erwachsenen Einwohnern von San Antonio, Texas, gemessen. Sieben bis acht Jahre später wurden 3682 Teilnehmer (74% der Überlebenden) nochmals untersucht.

Bei den Teilnehmern mit einem BMI unter 30 zu Studieneinschluss waren mehr als >21 ASB pro Woche versus kein Genuss süßstoffhaltiger Getränke mit einem fast verdoppelten Risiko für Übergewicht oder Adipositas assoziiert. Bei diesem Ergebnis erhebt sich die Frage, ob Süßstoff unsere eskalierende Adipositas-Epidemie noch verstärkt, statt sie zu bekämpfen.

Wenn ASB keine Kalorien haben, wie kommt es dann zu diesem Ergebnis?

Die Autoren äußern einige verschiedene Vermutungen:

1. Der Gebrauch von Süßstoff könnte einfach ein "Marker" für Leute mit Gewichtsproblemen sein. Das klingt ziemlich logisch. Natürlich, wer zunimmt, egal aus welchem Grund, greift eher zu Süßstoffen. Am Ende hat man doch noch weiter zugenommen, aber dann sieht es aus, also ob diese Produkte das das Problem verursachen; ohne diese Produkte hätten diese Menschen vielleicht noch viel mehr zugenommen.

2. Der Genuss von Süßstoffen könnte indirekt zur Gewichtszunahme führen: Dafür könnte es mehrere Gründe geben einschließlich der Tatsache, dass man die durch weniger Zuckeraufnahme eingesparten Kalorien durch eine höhere Fettaufnahme wieder wettmacht (am Ende holt sich der Körper immer die Kalorien, die er braucht). Verwender von Diätprodukten könnten mit anderen Nahrungsmitteln überkompensieren ("ich hatte ja eine Diätlimo und 180 kcal gespart, jetzt kann ich mir einen zweiten Burger gönnen" [mit 400 kcal] = Nettoüberschuss von 220 kcal). Weil Süßsstoffe so süß sind, könnten sie drittens auf lange Sicht die Süßempfindung desensibilisieren. Wenn man dann richtigen Zucker isst, nimmt man dann davon mehr (=mehr Kalorien), damit es ebenso süß schmeckt.

3. Süßstoff könnte direkt zur Zunahme führen: Es gibt Evidenz dafür, dass zumindest bei einigen Menschen Süßstoff oder süßer Geschmack selbst Hunger, Heißhunger oder die Menge an genossenen Nahrungsmitteln steigern kann. Ein paar Studien haben angedeutet, dass Süßstoffe den Insulinspiegeln steigern können, in der Folge dann zur Hypoglykämie und zu Hunger führen. Schließlich erwiesen sich zumindest in Tierstudien hohe Aspartamspiegel als neurotoxisch im arquatischen Nukleus des Hypothalamus, einer entscheidenenden Kernregion für die Regulierung von Hunger und Appetit.

Was der Grund auch sein mag, mein Rat an die Patienten lautet, sich von Süßstoffen zu verabschieden. Wenn es gar nicht anders geht, ist es besser, etwas richtigen Zucker über das Essen zu streuen oder sogar die halbe Menge in Getränken zu genießen. Vor ein paar Jahren habe ich selbst umgestellt von zwei Teelöffeln Zucker im Kaffee auf überhaupt keinen Zucker - ich brauchte eine Weile, um mich daran zu gewöhnen, aber heute schmeckt mir gesüßter Kaffee gar nicht mehr, und ich genieße nur noch ein bisschen Zucker im Tee.

AMS
Edmonton, Alberta

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