Der Body Mass Index (BMI) wird im Augenblick breit als das beste Maß für Adipositas empfohlen und verwendet, von der Öffentlichkeit und in klinischen Studien. Er geht auf den belgischen Statistiker Adolphe Quételet zurück, der diesen Index zwischen 1830 und 1850 als eine Möglichkeit beschrieb, den Adipositasgrad bei Menschen mit bewegungsarmer Lebensweise zu charakterisieren.
Aber wie exakt ist dieser Index wirklich, um Personen mit übermäßigem Körperfett zu identifizieren?
Dieser Frage ging kürzlich Abel Romero-Corral mit Kollegen von der Mayo Clinic (MN/USA) nach. Er analysierte die Beziehung zuwischen BMI und Körperfettprozenten (body fat percent, BF%), gemessen durch bioelektrische Impedanz bei 13601 Personen zwischen 20 und 79,9 Jahren (49% Männer) aus dem dritten NHANES (National Health and Nutrition Examination Survey;Int J Obesity).
In dieser Studie definierten die Autoren Adipositas auf Basis des Referenzstandards der World Health Organization (WHO), der bei BF% >25% für Männer und bei >35% für Frauen liegt.
BMI-definierte Adipositas (>=30) wurde bei 19% der Männer und 25% der Frauen nachgewiesen, die BF%-definierte Adipositas bei 44% der Männer und 52% der Frauen.
Ein BMI>=30 hatte eine hohe Spezifität (Männer = 95%, Frauen = 99%), aber eine geringe Sensitivität (Männer = 36%, Frauen = 49%) für den Nachweis der BF%-definierten Adipositas. Das bedeutet, dass zwar die BMI-Definition die große Mehrheit der Männer und Frauen mit vermehrtem Körperfettgehalt identifiziert, dass sie aber auch eine signifikante Zahl von Menschen
nicht identifiziert, die prozentual einen hohen Körperfettgehalt haben und nach BF%-Definition als adipös einzuschätzen wären.
Die diagnostische Aussage des BMI verringerte sich mit steigendem Alter, und im mittleren BMI-Bereich (25-29,9) konnte der BMI in beiden Geschlechtern nicht zwischen BF% und fettfreier Körpermasse diskriminieren.
Die Autoren schließen, dass die Genauigkeit des BMI für die Diagnose der Adipositas begrenzt ist, besonders für Personen in den mittleren BMI-Bereichen, bei Männern und älteren Menschen. Daher hat der gegenwärtig empfohlene BMI-Grenzwert von >=30 kg für Adipositas eine gute Spezifität, aber ihm entgehen mehr als die Hälfte der Menschen mit exzessivem Körperfett.
Der erschreckende Part dieser Ergebnisse ist natürlich die Tatsache, dass die Prävalenz der Adipositas in dieser Population gemessen an BF% doppelt so hoch ist! Andererseits wissen wir auch, dass der Prozentanteil des Körperfetts oder die Körperzusammensetzung alleine kein besonders verlässliches Maß für Gesundheit sind.
Ich ziehe nach wie vor meine operationale klinische Definition der Adipositas vor: das Vorhandensein von exzessivem Körperfett, das die Gesundheit bedroht oder beeinträchtigt.
Bei der großen Spannbreite der interindividuellen Anfälligkeit für Adipositas-assoziierte Gesundheitsprobleme bleibt die Diagnose der Adipositas und die Frage, ob die Verringerung des Körperfettanteils tatsächlich die Gesundheit verbessert, vorerst weiterhin eine Frage der klinischen Beurteilung.
AMS
Duschesnay, Quebec
Mittwoch, 30. Juli 2008
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