Freitag, 4. Juli 2008

Sagt das metabolische Syndrom Herzkrankheiten voraus?

Das Metabolische Syndrom oder Syndrom X, vor kurzem auch “Xyndrome” getauft, ist die Kombination aus

• abdominal betonter Adipositas
• hohen Triglyceridspiegeln
• niedrigem HDL-Cholesterinspiegel
• Hypertonie
• erhöhten Nüchtern-Blutzuckerspiegeln

Dieses Konzept wurde breit als ein Mittel propagiert, um klinisch Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko zu identifizieren.

Während das Konzept intuitiv vernünftig erscheint (da alle fünf Komponenten des Syndroms einzeln mit einem gesteigerten kardiovaskulären Risiko korreliert wurden), reißt die Diskussion nicht ab, ob das Konzept dieses “Syndroms” Risikopatienten besser identifizieren kann, als wenn man beim Patienten nach den einzelnen Risikofaktoren sucht.

Um zu klären, ob das "metabolische Syndrom" tatsächlich ein Risikofaktor für Herzkrankheiten ist, untersuchten Naveed Sattar und Mitarbeiter von der University of Glasgow die Beziehung zwischen dem metabolischen Syndrom und der Inzidenz von kardiovaskulären Krankheiten und Typ-2-Diabetes bei 4812 nichtdiabetischen Personen zwischen 70 und 82 Jahren aus der Prospective Study of Pravastatin in the Elderly at Risk (PROSPER). Sie untermauerten diese Daten mit einer zweiten prospektiven Studie (the British Regional Heart Study [BRHS]) bei 2737 nichtdiabetischen Männern zwischen 60 und 79 Jahren (The Lancet).

In PROSPER war das metabolische Syndrom über 3,2 Jahre nicht mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert, jedoch mit einem vierfach erhöhten Risiko für Diabetes. Ein erhöhter Nüchternglukosespiegel war indessen mit einem 18-fach erhöhten Risiko für Diabetes erhöht..

Ähnlich war auch in BRHS das metabolische Syndrom nur gering mit kardiovaskulärer Krankheit assoziiert, trotz einer starken Korrelation zu Diabetes.

Bedeutsam erscheint, dass in beiden Studien der Body Mass Index, der Taillenumfang, der Triglyceridspiegel und erhöhte Glucosewerte ebenfalls nicht mit einem Risiko für kardiovaskuläre Krankheit assoziiert waren, aber alle fünf Komponenten gingen mit einem erhöhten Risiko für Neuauftreten eines Diabetes mellitus einher.

Die Autoren schließen, dass das metabolische Syndrom und seine Komponenten zwar mit Typ-2-Diabetes assoziiert sind, dass aber nur eine schwache bis keine Korrelation mit dem Gefäßrisiko besteht – bei älteren Individuen. Sie empfehlen, das klinische Augenmerk weiterhin darauf zu richten, optimale Risikoalgorithmen gemäß jedem einzelnen Risikofaktor zu etablieren, statt sie in einem vermeintlichen Syndrom zu vermengen.

Man könnte natürlich argumentieren, dass das Konzept des metabolischen Syndroms vielleicht bei jüngeren Individuen noch nützlich sein könnte. Aber die gleiche und andere Arbeitsgruppen konnten auch bei Jüngeren nicht zeigen, dass das metabolische Syndrom ein starker Prädiktor für Herzkrankheiten ist, wie die Diskussion der Arbeit erwähnte.

Ob das Konzept des metabolischen Syndroms hilfreich ist oder nicht, man sollte daran denken, dass das Management der Adipositas die einzige Intervention ist, die auf alle fünf Komponenten des Syndroms gleichzeitig günstige Auswirkungen entfaltet. Während die konventionelle Versorgung darauf ausgerichtet ist, aggressiv die einzelnen Risikofaktoren ins Visier zu nehmen, wird nur aggressive Adipositas-Therapie alle Aspekte dieses vermuteten Syndroms verbessern.

Leider fehlen uns mit Ausnahme der Adipositas-Chirurgie immer noch Outcome-Studien, die zeigen, dass die Adipositas-Behandlung tatsächlich die kardiovaskuläre Mortalität senkt.

Die Annahme, dass eine Gewichtsabnahme ohne Chirurgie Leben rettet, basiert nicht auf harter Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien. Ich vermute, dass bis zum Vorliegen besserer Daten Ärzte, Kostenträger und Politiker weiter in Frage stellen, dass die Therapie der Adipositas (mit den gleichen Ressourcen und dem gleichen persönlichen Einsatz wie bei anderen chronischen Krankheiten!) Nutzen bringt.

AMS
Edmonton, Alberta

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