Mittwoch, 20. August 2008

Adipositas ist unfair zu Frauen

Im neuesten Scientific Statement der American Heart Association zur bevölkerungsweiten Prävention weckte eine Passage über Geschlechtsunterschiede meine Aufmerksamkeit. Der Grundtenor lautete: Obwohl Frauen sich viel bewusster mit gesundem Essen und ihrem Gewicht auseinander setzen, ist die Adipositasprävention für sie wohl schwieriger als für Männer.

Die Gründe dafür:

1. Der Kalorienbedarf von Frauen ist im Durchschnitt geringer als der von Männern, weshalb sie für eine ausgewogene Energiebilanz weniger essen können als Männer. Das ist zum Beispiel ein Nachteil beim Auswärts-Essen, weil die Portionen im Restaurant oder Take-away für Frauen und Männer gleich groß sind (Frauen wie Männer neigen dazu, ihre Teller feinsäuberlich leer zu essen!).

2. Wegen ihres geringeren Kalorienbedarfs ist die unbeabsichtigte Aufnahme von ein paarhundert Extrakalorien für die Energiebilanz von Frauen folgenreicher als für Männer.

3. Einen Kalorienüberschuss durch körperliche Aktivität loszuwerden, ist für Frauen wegen ihrer geringeren Körpergröße und ihrem deutlich geringeren Anteil an fettfreier Körpermasse schwieriger.

4. Depression ist häufig mit Zuvielessen und Zunahme korreliert, sowohl aufgrund der Tendenz, die Stimmung mit Nahrungsmitteln aufzuhellen als auch wegen der adipogenen Wirkung vieler Antidepressva. Eine Depression ist bei Frauen deutlich häufiger als bei Männern. Zudem berichten mehr Fraue als Männer über ein Zuvielessen bei Stress.

5. Frauen entfalten weniger Freizeitaktivitäten als Männer, bereits ab der Adoleszenz. Außerdem sind die Gelegenheiten für körperliche Aktivitäten für Frauen viel begrenzter, aufgrund ihrer familiären Verpflichtungen und auch, weil sie mehr Angst um ihre Sicherheit haben. Das wirkt sich auf ihre zeitlichen Kapazitäten und die Wahl der möglichen Orte für Sport oder Bewegung aus.

6. Sozial akzeptable Formen körperlicher Aktivität könnten für Frauen stärker eingeschränkt sein als für Männer, besonders in bestimmten ethnischen Gruppen. Soziale Bedenken können beispielsweise die Ablehnung durch Partner oder ander Haushaltsmitglieder sein, weil Sport hier als etwas wahrgenommen wird, das die Frau von ihren familiären Pflichten abhält.

7. Aktivität im Rahmen des Berufs ist ebenfalls bei Frauen häufig geringer.

8. Frauen unterziehen sich häufiger einer Diät oder erleben größere Gewichtsschwankungen, beides Risikofaktoren für eine Zunahme auf lange Sicht.

9. Bei Frauen besteht das Risiko, dass sie nach einer Schwangerschaft ein Teil des zugelegten Gewichts behalten.

Das sind genug Gründe, warum es für Frauen viel schwieriger als für Männer ist, eine Gewichtszunahme zu verhindern. Daran sollte man denken, wenn man weibliche Patienten berät.

AMS
Edmonton, Alberta

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