Samstag, 16. August 2008

Pillen funktionieren nicht bei Patienten, die sie nicht schlucken

Der Titel des heutigen Beitrags ist angeblich ein Zitat von Dr. C. Everett Koop (Bild).

Ich bin so frei, die Aussage etwas zu modifizieren: “Therapien für chronische Krankheiten funktionieren nur so lange, wie sie angewendet werden" (Sie können mich entsprechend zitieren :o) ).

Warum ich mit diesem Thema komme? a) weil Adipositas eine chronische Krankheit ist und b), weil das Gewicht immer zurück kommt, sobald die Behandlung aufhört.

Vereinfacht gesagt besteht das Problem der Adipositas-Behandlung nicht darin, wie man abnehmen soll - das einzig wirkliche Problem besteht darin, wie man das Gewicht unten hält.

Die Lösung ist natürlich einfach (und inzwischen hoffentlich allen regelmäßigen Lesern dieses Blogs bekannt): Beenden Sie die Behandlung nicht, wenn der Patient abgenommen hat!

Einfacher gesagt als getan. Aber für die Adipositas gilt hier nichts Spezielles. Tatsächlich ist die Therapietreue der Patienten bei allen chronischen Krankheiten ein Problem - seien es nun Diabetes, Hypertonie oder rheumatoide Arthritis. Sobald die Behandlung endet, meldet sich die "Krankheit" wieder zurück (nebenbei bemerkt, das ist die Definition einer chronischen Krankheit!).

Angesichts der Tatsache, dass die mangelnde Adhärenz ein so verbreitetes Problem ist, wäre es überraschend, wenn dieses Thema nicht schon untersucht worden wäre. Ein sehr lesenswerter und wichtiger Beitrag hierzu ist ein Artikel von Lars Osterberg und Terrence Blaschke, 2005 im New England Journal of Medicine publiziert. Obwohl sich diese Studie mit der Adhärenz gegenüber Medikamenten befasst, treffen die Prinzipien auch für nichtpharmakologische Behandlungen zu.

Besonders interessant sind die Hauptprädiktoren für eine geringe Therapietreue, wie sie in der Arbeit aufzählt werden (jeder Punkt ist im Beitrag referenziert):

1. Psychologische Probleme, besonders Depressionen (ich würde noch die Attention Deficit Disorder/Aufmerksamkeitsstörung ergänzen)

2. Kognitive Beeinträchtigung

3. Asymptomatische Krankheit

4. Unzureichend geplante Nachfolgetermine oder Entlassung

5. Nebenwirkungen

6. Mangelnder Glaube des Patienten an einen Nutzen der Behandlung

7. Mangelne Patienteneinsicht in die Krankheit

8. Unzureichende Beziehung zwischen Therapeut und Patient

9. Hürden gegenüber der Versorgung oder Behandlung

10. Ausgelassene Termine

11. Komplexe Therapie

12. Kosten oder Zuzahlung

Alle diese Punkte treffen auch auf die Adipositas-Behandlung zu. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, Zeit zu investieren, um herauszufinden, aufgrund welcher der genannten Punkte Ihr Patient aus der Behandlung fällt - einfach dem Patienten die Schuld zu geben oder ihm Angst zu machen, das sind keine Lösungen.

AMS
Edmonton, Alberta

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