Allgemeinmediziner haben alle Hände voll zu tun. Sie haben wenig bis keine spezielle Ausbildung im Adipositas-Management.
Das Folgende betrachte ich als das Minimum für ein Adipositas-Management, einfach umsetzbar in einer brummenden Praxis (selbst ohne Adipositas-Expertise):
1. Konfrontieren Sie den Patienten nicht mit Anschuldigungen, Druck oder angsteinflößenden Szenarien!
2. Schlagen Sie ihm keine völlig unrealistischen Abnehmziele vor und ermuntern Sie ih auch nicht, solche zu verfolgen! (Für die meisten Patienten sind 5-10% Abnahme realistisch, aber selbst das ist unglaublich schwer zu halten!)
3. Erklären Sie jedoch dem Patienten die Risiken von Übergewicht und Adipositas, und bringen Sie ihm bei, dass die Adipositas eine chronische Angelegenheit wird, sobald sie einmal aufgetreten ist (=jede funktionierende Behandlung muss lebenslang befolgt werden!).
4. Ermutigen Sie Ihren Patienten, regelmäßig zu essen (besonders zu frühstücken!) und ein Ernährungstagebuch zu führen. (Für die meisten Menschen liegt der Schlüssel zum Nicht-Zunehmen darin, nicht hungrig zu werden). Bei emotionalem oder suchtmäßigem Essen hilft es auch, die Emotionen im Zusammenhang mit dem emotionalen Essen zu notieren.
5. Ermutigen Sie den Patienten, mehr Kenntnisse über den Kaloriengehalt von Nahrungsmitteln und Getränken zu gewinnen.
6. Empfehlen Sie, "flüssige Kalorien" zu reduzieren.
7. Empfehlen Sie mindestens 30-60 Minuten körperlicher Aktivität täglich sowie den Gebrauch eines Schrittzählers. Die damit gezählten Schritte sollen im Ernährungstagebuch notiert werden.
8. Empfehlen Sie regelmäßiges Wiegen in der Praxis (mindestens einmal im Monat).
9. Beenden Sie das alles nicht, wenn der Patient nicht weiter abnimmt - die erneute Zunahme zu verhindern, kostet einen noch höheren Aufwand (und mehr Unterstützung) als die Abnahme!
10. Behandeln Sie den "Rezidivismus" genauso, wie es dieser Terminus umschreibt - ein natürliches und erwartetes Phänomen bei einer chronischen Krankheit - beginnen Sie wieder bei Schritt 3.
Bei jeder Konsultation sind folgende Punkte zu beachten und anzusprechen:
1. jede Lebensstiländerungen seit dem letzten Besuch
2. jede Änderung in den Essgewohnheiten seit dem letzten Besuch und achten Sie auf das Führen des Ernährungstagebuchs
3. die aufgenommenen "flüssigen Kalorien"
4. emotionales Essen/Snacken
5. körperliche Aktivität und den Gebrauch des Schrittzählers
6. Gewichtsänderungen (ohne sie zu bewerten!)
- bei Zunahme: betonen Sie, wie wichtig es ist, eine Änderung zu überdenken.
- bei stagnierendem Gewicht: loben Sie den Einsatz, ermutigen Sie zu einer Änderung, ziehen Sie Mahlzeitenersatz (Meal Replacement) oder Medikamente in Betracht.
- bei Abnahme: loben Sie, aber geben Sie auch eine Vorwarnung, dass der Gewichtsverlust kaum genauso fortschreiten wird wie im Augenblick, sprechen Sie über die Erwartungen (5-10% Abnahme als Ziel), fokussieren Sie auf eine Verbesserung von Gesundheit und Lebensqualität stärker als auf Abnahme.
Es liegt auf der Hand, dass dies nur das Minimalprogramm ist. Wäre Adipositas-Management so einfach, hätten wir keine Adipositas-Krise.
AMS
Edmonton, Alberta
Montag, 11. August 2008
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